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Österreich, Rechtsprechung, Service 01.08.2025
Die Expert:innen der Mietervereinigung haben die Entscheidungen des OGH und VfGH zur Wertsicherung in Mietverträgen analysiert und informieren hier über ihre Einschätzungen.
UPDATE 1. August 2025: OGH entscheidet in Individualverfahren!
In einem Urteil vom 30. Juli 2025 stellte der 10. Senat des OGH klar, dass die Konsumentenschutzbestimmung des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG NICHT auf Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge mit mehrjähriger Laufzeit anwendbar ist, da sie nur kurzfristig zu erfüllende Verträge betrifft!
Ausgangspunkt war eine Verbandsklage, die mehrere Klauseln eines Mietvertrags beanstandete. Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied im März 2023, dass sich Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen an den Erfordernissen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) messen lassen müssen (wir berichteten).
Demnach sind Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen unwirksam, wenn bei kundenfeindlichster Auslegung bereits in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Mieterhöhung eintreten könnte. Nur wenn der Unternehmer beweisen kann, dass eine solche Klausel individuell ausgehandelt worden ist, wäre sie zulässig. Es genügt nicht, dass die Klausel nur in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in einem vorgefertigten Vertragsformular enthalten ist.
Daraufhin klagten zwei Immobilienunternehmen vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf Aufhebung der KSchG-Bestimmung. Im Juni 2025 wies der VfGH den Antrag der beiden Immobilienunternehmen ab.
Was bedeuten die Entscheidungen?
Praktisch bedeuten die Entscheidungen, dass Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen unwirksam werden können – auch rückwirkend.
Wichtige Einschränkung: Der OGH hatte sich mit einer Verbandsklage auseinanderzusetzen und musste daher das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung anwenden. Geprüft wurde also nicht, ob die Klausel in einem konkreten Vertragsverhältnis zulässig ist, sondern im allgemeinen Rechtsverkehr.
Erst wenn der OGH in einem konkreten Individualverfahren entscheidet, lassen sich Rückschlüsse auf andere Mietverträge ziehen. In Individualverfahren werden Klauseln unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beurteilt.
Diese Entscheidung ist zumindest in Hinblick auf Mietverträge und Konsumentenschutzgesetz nun gefallen (siehe UPDATE am Beginn des Artikels).
Die nachfolgenden Informationen bilden den Stand von vor dem OGH-Urteil vom 30.7.2025 ab.
Wen betrifft die Entscheidung? Für welche Mietverträge gilt das?
Die Entscheidung betrifft nur Verbrauchergeschäfte (Geschäfte zwischen Unternehmer:innen und Verbraucher:innen).
Wie geht es weiter?
Aus der OGH-Entscheidung lässt sich nicht pauschal beurteilen, ob eine konkrete Wertsicherung rechtens ist. Es braucht weitere Entscheidungen in spezifischen Einzelfällen. Erst nach Vorliegen dieser OGH-Entscheidungen lassen sich Rückschlüsse auf andere Mietverträge ziehen.
Wird es Sammelklagen geben?
Sammelklagen sind bei Mietverträgen nicht möglich, weil Mietverträge Einzelverträge sind.
Wie erkenne ich, ob mein Mietvertrag betroffen ist? Was können Mieter:innen tun?
Mieter:innen sollten ihren Mietvertrag individuell prüfen lassen, ob die enthaltene Wertsicherungsklausel zulässig ist.
UPDATE 18.7.2025:
Musterschreiben der Mietervereinigung
Für Mitglieder der Mietervereinigung haben unsere Expert:innen zwei Musterschreiben zum Herunterladen vorbereitet – eines zur Rückforderung bei Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel und eines zur Anbahnung eines Vergleichs. > Musterschreiben hier herunterladen
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