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Europa, Österreich, Rechtsprechung, Service 18.09.2017

Verbotene Ablösen bei Veräußerung oder Verpachtung eines Unternehmens

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In diesem Zusammenhang stellt sich im Falle von Mietgegenständen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes die Frage, wie mit Ablösen für Investitionen in den Mietgegenstand oder für Inventar des Unternehmens zu verfahren ist. Denn § 27 Abs 1 MRG normiert, dass Vereinbarungen wonach der Mieter dafür, dass der frühere Mieter seine Mietrechte ohne gleichwertige Gegenleistung aufgibt als nichtig zu betrachten sind. In diesem Fall droht dem Veräußerer gemäß § 27 Abs 3 und 5 MRG neben der Rückvorderbarkeit des geleisteten Betrages, eine Geldstrafe von bis zu 15.000 €.

 

Die Bewertung von einzelnen Gegenständen oder Investitionen in einem lebendigen Unternehmen gestaltet sich jedoch oft schwer und ist wenn überhaupt nur mit größtem Aufwand möglich. Ob und inwieweit die Bestimmung des § 27 MRG für einen Veräußerer eines Unternehmens im Sinne des § 12a MRG beachtlich ist, ist Gegenstand des folgenden Beitrages.

 

Die gleichwertige Gegenleistung im Sinne des § 27 MRG

Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, dass der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat sind verboten und nichtig. Gleichwertige Gegenleistungen ergeben sich, neben den im Gesetz genannten Beispielen, aufgrund einer jahrzehntelangen kasuistischen Rechtsprechung. Zusammengefasst kann prinzipiell jede objektiv bestimmbare vermögenswerte (äquivalente) Gegenleistung ersetzt werden. Maßstab für die Bemessung ist der objektive Wert der überlassenen Gegenstände oder Investitionen, ausgehend vom Wiederbeschaffungswert.

Die Bewertung eines Unternehmens

Der Wert eines Unternehmens ist maßgeblich geprägt durch nicht fassbare Elemente wie Lage, Ruf und Kundenstock („goodwill“). Dazu zählen auch der persönliche Fleiß und die Tüchtigkeit des Unternehmers und seiner Mitarbeiter (6 Ob 697/81). Insbesondere die Bewertung der eben genannten Umstände stellt eine besondere Hürde dar, die unter Einsatz verhältnismäßiger Mittel wohl kaum genommen werden könnte.

 

Die Bestimmung des § 27 MRG gelangt dem Wortlaut nach auch auf Übernahmen im Sinne des § 12a MRG zur Anwendung. Daher hätte ein Veräußerer im Sinne des § 12a MRG, wenn er nicht eine professionelle Bewertung des ganzen Unternehmens erstellen lässt, immer die oben genannten Konsequenzen des § 27 MRG zu fürchten. Dieser Umstand würde viele Übernahmen von lebendigen Unternehmen als unwirtschaftlich erscheinen lassen. Der OGH fasst in seiner Entscheidung 5 Ob 94/02p die zu diesem Thema ergangene Rechtsprechung zusammen wie folgt:

 

Im Falle einer Veräußerung eines in einem Mietgegenstand betriebenen Unternehmens vom bisherigen Mieter an den neuen, wird es gebilligt, dass mit dem einheitlichen Kaufpreis für ein Unternehmen als Gesamtsache auch der Wert der Mietrechte abgegolten wird. Eine Zerstückelung des Kaufpreises und der Herauslösung des Teiles, der auf die Mietrechte entfällt, hat also unter dem Aspekt des § 27 Abs 1 Z 1 MRG nicht zu erfolgen.

 

Ausnahme

Gleichzeitig hält der OGH in dieser Entscheidung fest, dass im Falle eines Scheingeschäfts, also wenn eine Unternehmensveräußerung bloß vorgetäuscht wird und das Ziel lediglich die Übertragung der Mietrechte ist, die Regelung des § 27 Abs MRG sehr wohl zur Anwendung gelangt. Zahlungen, die auf Grund solcher Vereinbarungen geleistet werden, können samt den gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Der Anspruch auf Rückforderung verjährt erst nach 10 Jahren.

 

Resumée

Der OGH lässt zu, dass im Falle der Übergabe eines lebendigen Unternehmens die professionelle und kostspielige Bewertung, ohne die Konsequenzen des § 27 Abs MRG fürchten zu müssen, für den Verkäufer entfallen kann. Aufrecht bleibt die gegenständliche Norm jedoch im Falle von Scheingeschäften.

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